DNA-Analyse

Facharbeit von Kathrin Thust

1. Einführung

Es vergeht kaum ein Tag, an dem man nicht in Zeitungen oder im Fernsehen über Fahndungserfolge der Polizei liest/hört und wo immer wieder die Begriffe „Genetischer Fingerabdruck“, DNA, „Gendatei“ etc. auftauchen. Schlagzeilen wie: „Muster im Erbgut- Winzige Hautschuppen reichen für Analyse“ [1], „Mord nach 15 Jahren mit DNS-Test aufgeklärt“[2], „Tasse Kaffee führte zum Räuber- Polizei klärte Serie von Überfällen auf Tankstellen und Banken auf“[3] machen neugierig und es stellt sich die Frage, was sich hinter all dem verbirgt ?

Diesen Fragen möchte ich einmal nachgehen.

Im ersten Teil meiner Facharbeit werde ich auf die Methode der DNA-Typisierung, auch im Hinblick auf ihre Aussagekräftigkeit, intensiv eingehen. Im zweiten Teil werde ich anhand eines Fallbeispiels belegen, wie die praktische Anwendung aussieht/aussehen kann.

2. Die Methode der DNA-Typisierung

2.1. DNA allgemein

Die DNA (DesoxyriboNucleinSäure; englisch: DesoxyriboNucleicAcid) ist die Grundlage für DNA-Typisierungen, da in ihr die Erbinformation gespeichert ist.

Sie besteht aus Desoxyribose (Zucker), Phosphorsäureresten und Basen (Adenin, Thymin, Guanin und Cytosin. Die Aufeinanderfolge der Nucleotide[4] (Basensequenz) bestimmt die Eigenschaften der Nucleinsäuren[5]. Drei Basen zusammen bilden die kleinste Informationseinheit (Triplett). Einen DNA-Abschnitt, der für die Herstellung eines Proteins verantwortlich ist, nennt man Gen. Ein Gen besteht aus etwa 1000 Basenpaaren, die eine Informationseinheit darstellen. Die Gesamtheit aller Gene wird Genom genannt. Es gibt etwa „50000 einzelne Gene, die für alle Eigenschaften des Menschen verantwortlich“ (vgl.: [9] ) und „durch unterschiedlich lange Abschnitte von Basensequenzen, die keine Informationen enthalten (nicht-codierende DNA) voneinander getrennt “ (vgl.: [9] ) sind.

2.1 Aufbau der DNA

Die DNA ist ein fadenförmiges Makromolekül. Sie besteht aus zwei Einzelsträngen (Nucleinsäuresträngen), die einen Doppelstrang bilden. Ein Außenstrang ist aus Phosporresten und Desoxyribose (ein 5fach-Zucker oder Pentose) zusammengesetzt.

Abb.1: Aufbau der DNA

Nach Innen sind organischen Basen (Adenin (A), Thymin (T), Cytosin (C) und Guanin (G) geknüpft (vgl. Abb.1). Dabei verbinden sich jeweils die komplementären[6] Basenpaare Adenin und Thymin, sowie Guanin und Cytosin.

Adenin/Thymin und Guanin/Cytosin ist gleich.

Zwischen den jeweiligen Basen sind Wasserstoffbrücken ausgebildet, welche beide Einzelstränge zu einem Doppelstrang „mit entgegengesetzter Polarität“ (vgl.: Wissensspeicher Biologie, Berlin 1998) verbinden. Dabei bilden Guanin und Cytosin drei, Adenin und Thymin allerdings nur zwei Wasserstoffbrücken (vgl. Abb.3)




Abb.2: Wasserstoffbrücken

Die Basenpaare stehen im Verhältnis 1:1, das heißt, die Häufigkeit von

Die beiden Einzelstränge sind gegenläufig, das heißt, das 3‘ Hydroxyl- Ende des einen Strangs steht dem 5‘ Phosphat- Ende des anderen gegenüber.



Durch die spezielle Basenpaarung kann man von der Basensequenz des einen Stranges auf die des anderen schließen.


UTGATGCCATGCCA

GACTACGGTACGGT

Die beiden Einzelstränge sind folglich komplementär zueinander.




Damit die DNA hohe Stabilität erreicht, ist sie zusätzlich noch um ihre eigene Achse gedreht. Dabei kommen etwa zehn Nukleotidpaare auf eine


Abb.2: Doppelhelix

Windung. Man nennt dieses auch eine Doppelhelix-Struktur.

Die Länge der DNA-Moleküle aus den Chromosomen einer menschlichen Zelle beträgt aneinandergereiht etwa zwei Meter.

2.1.2 codierende/ nicht-codierende DNA

In der DNA stecken viele Informationen (die sogenannte „Bauanleitung“ für unseren Körper). Man unterscheidet zwischen codierender und nicht-codierender DNA.

Die codierende DNA enthält Gene, die beispielsweise etwas über die Schuhgröße oder Augenfarbe einer Person sagen können. Diese werden allerdings bei der DNA-Typisierung nicht beachtet. Dort konzentriert man sich auf die nicht-codierende DNA, die etwa 96% ausmacht und keinerlei Angaben über „äußere Merkmale, Rasse, Alter oder gar biologische Defekte“ enthält.

Der wichtigste Faktor ist, dass die DNA von Mensch zu Mensch unterschiedlich ist. Dass heißt, jeder Mensch besitzt eine individuelle Merkmalskombination, die nur bei eineiigen Zwillingen identisch ist, da diese die gleiche Erbinformation haben. Je näher zwei Personen miteinander verwandt sind, desto ähnlicher sind ihre Merkmalskombinationen. Des es wird jeweils ein Gen vom Vater und ein Gen von der Mutter vererbt.

Insgesamt stehen über 100 DNA-Bereiche (sogenannte Loci; Singular: Locus) für eine DNA-Analyse zur Verfügung, welche natürlich nicht alle untersucht werden. Wenn sich zwei Personen an vier Loci gleichen, werden sie sich am fünften Loci sehr wahrscheinlich voneinander unterscheiden.

Ein beliebtes Beispiel zur Verdeutlichung der Individualität eines jeden Menschen ist der Strichcode, welche auf der Verpackung eines jeden Lebensmittels ist.

Wir haben beispielsweise eine Tüte Gummibärchen, auf welcher sich ein Strichcode befindet, der dem Computer an der Kasse beim Einscannen sagt: Es handelt sich bei diesem Produkt um eine Tüte Gummibärchen, sie kostet 1,50€ (das Produkt wird von dem Computer also individualisiert). Wenn der Computer allerdings nur den Anfang und das Ende des Strichcodes einscannen würde – der mittlere Teil also dementsprechend fehlen würde, gäbe es mehrere


Abb.3.: Strichcode

Möglichkeiten: Bei dem Produkt könnte es sich um die Tüte Gummibärchen handeln oder um Shampoo oder etwa um ein Buch. Der Anfang und das Ende des Strichcodes von allen drei Produkten ist also identisch. Wenn man sich immer mehr annähert (erst einen kleinen Teil der Mitte des Strichcodes mit einscannt, dann einen größeren Teil und zum Schluss den ganzen Strichcode), dann fallen immer mehr Produkte weg, bis letztendlich nur noch ein Produkt übrig bleibt- in diesem Fall die Tüte Gummibärchen.

2.2 Vorgang bei der DNA-Analyse

2.2.1 Probenahme/Tatortspuren

Für die Identifikation eines Täters in einem bestimmten Fall werden zunächst die am Tatort gefundenen Spuren sichergestellt. Dabei kann es sich um Blut oder Spermaspuren handeln. Allerdings kann eine DNA-Typisierung auch anhand von Knochen, Haaren, Resten von Körpergeweben oder Vaginalzellen durchgeführt werden. Spermaspuren sind geeigneter, da die DNA in den Spermienköpfen gut verpackt ist und somit durch ultraviolettes Sonnenlicht oder Vertrockung eine Zeit lang nicht zerstört werden kann.

Die andere geeignete Alternative ist die Blutspur. Denn auch schon geringste Mengen an Blut reichen für eine DNA-Analyse aus. Die DNA wird dabei aus den Kernen der weißen Blutzellen gewonnen, da rote Blutzellen keinen Zellkern und folglich auch keine DNA enthalten.

Somit können Täter zu Opfern oder Tatorten zugeordnet werden, Brandleichen identifiziert oder abgetrennte Gliedmaße dem passenden Körper zugeordnet werden.

Wenn ein Täter in einer bestimmten Stadt gesucht wird, werden sogenannte ‚Reihenuntersuchungen‘ gemacht. In diesem Fall wird an der Innenseite der Wange mit an Stielen befestigten Wattetupfern entlanggeschabt. Diese werden daraufhin an der Luft getrocknet und die verbleibenden Schleimhautzellen werden untersucht.

2.2.2 Durchführung der DNA-Analyse (STR-Typisierung)

Vor 1992 brauchte man eine ausreichende Menge Blut (etwa DNA-Fragmente mit der Länge von 20000 Basen) um eine DNA-Typisierung durchzuführen. Unter DNA-Typisierung versteht man die Identifikation einer Person anhand der individuellen Abfolge der Basen der DNA. Diese Abfolge wird auch DNA-Sequenz genannt. Doch heutzutage reicht schon „ein Blutspritzer vom Durchmesser eines Mohnkörnchens“[7]. Man konzentriert sich nun auf wesentlich kürzere Loci (DNA-Fragmente von 200-500 Basenpaaren), die trotzdem längenunterschiedlich sind- sogenannte short tandem repeats (STRs). Außerdem kann auch z.B. von Sonnenlicht fragmentierte DNA von Haaren noch analysiert werden.

Damit auch geringste Mengen Ausgangsmaterial eine genügende Menge an DNA enthalten, kommt die Polymerasekettenreaktion (englisch: polymerase chain reaction; PCR) zum Einsatz. Man muss zunächst die DNA der zu untersuchenden Spur von anderen Zellbestandteilen (wie Zellmembran, Kernmembran, Proteine etc.) trennen. Die Zellwände werden durch entsprechende Enzyme aufgebrochen, dann wird die Probe zentrifugiert. Das Ziel einer Zentrifugation ist es, die Partikel durch Schichtung zu trennen. „Der Überstand enthält die gewünschte DNA für die PCR“[8].

Das Ziel der PCR ist es, die zu analysierenden DNA-Abschnitte exponentiell zu vermehren. Ausgangsprodukt ist eine Mischung aus DNA, hitzebeständiger Polymerase, Primer und Nukleotiden.

Diese Mischung wird in einem Gefäß in den sogenannten Thermocycler (vgl. Abb.4) gegeben und als erstes auf 94°C erhitzt.




Abb.4.: Thermocycler

Bei dieser Temperatur teilt sich die doppelsträngige DNA an den Wasserstoffbrücken, die nur „1/10 der Bindekraft einer Elektronenpaarbindung haben“ (Linder Biologie, 1983, Stuttgart, S.27), in zwei Einzelstränge auf (vgl. b). Danach wird die Mischung auf 55°C abgekühlt, damit die Primer (Startermoleküle), welche einzelsträngig sind, sich vor und hinter der zu untersuchenden DNA-Sequenz anlagern können (vgl. c). Die Temperatur wird auf das Temperaturoptimum der Polymerase, welches bei 72°C liegt, erhöht.


Abb.:5 Polymerasekettenreaktion

Die Polymerase synthetisiert mit den Nucleotiden neue DNA-Stränge (vgl. d), so dass am Ende des ersten Vermehrungszyklus zwei neue Doppelstränge entstanden sind (vgl. e). Der gesamt Vorgang wird wiederholt, das heißt, die Mischung wird wiederum auf 94°C erhöht, so dass sich die beim ersten Zyklus entstandenen zwei Doppelstränge teilen. Die nun vorliegenden vier Einzelstränge dienen als sogenannte Matrize (Vorlage) für die Bildung des komplementären Stranges. Das heißt die Primer loggen bei etwa 55°C wieder an den Einzelsträngen an und bei Erhöhung der Temperatur auf 72°C synthetisiert die Polymerase die komplementären DNA-Stränge. Am Ende des zweiten Vermehrungszyklus sind vier neue Doppelstrang DNAs entstanden. Bei der PCR wird also die geringe Menge an DNA, die zur Verfügung steht, mehrmals exponentiell verdoppelt (zwei x zwei = 4 , 4 x 2 = 8 , 8 x 2 =16 , 16 x 2 = 32 etc.). Es liegen also nach etwa 30 dieser Verdopplungen 2.147.483.648 Kopien der kriminalbiologisch interessanten DNA-Abschnitte in einem kleinen Tropfen Flüssigkeit vor.

Nun wird die Elektrophorese vorbereitet. Als erstes wird ein Gel mit einem hohen Anteil an Polyacrylamid in das entsprechende Gerät gegeben.

Danach werden mit Hilfe einer Art Kamm ‚Startlöcher‘ für die DNA-Proben gebildet. Das Gel wird erwärmt und die Elektroden werden aufgesteckt, so dass eine elektrische Spannung von etwa 2200 Volt entsteht.

Nun werden die ‚Startlöcher‘ für die Auftrennung mit Kennbuchstaben gekennzeichnet. Die DNA-Proben -der nukleotide Teil wird radioaktiv markiert – werden in die entsprechenden ‚Startlöcher‘ geladen und die DNA-Sequenzen der Länge nach

Abb.6: Elektrophporese/ Startlöcher

aufgetrennt:

Das Gel enthält nur kleine Poren. Da DNA negativ geladen ist, können die kleineren DNA-Fragmente „schneller durch die engen Maschen“[9] zum Pluspol schlüpfen, als die Stücke, die für die kleinen Poren zu groß sind. So ordnen sich die einzelnen DNA-Fragmente der Länge nach an.

Um die Größe dieser zuordnen zu können gibt es mehrere Möglichkeiten. Entweder man lässt DNA-Stücke bekannter Länge ‚mitlaufen‘ und vergleicht dann die bekannten mit den unbekannten Stücken. Je nach Entfernung kann man die Größe (in Basenpaaren) der DNA-Stücke berechnen.




Die andere Möglichkeit ist, ein Gemisch aus allen bisher gefundenen DNA-Fragmenten, deren Größe bekannt ist, wird in ein ‚Startloch‘ gegeben. Dieses Gemisch wird auch Allelcocktail genannt. Nun werden ebenfalls die unbekannten Stücke mit denen aus dem Cocktail verglichen. Dieselbe Höhe in dem Elektrophoresegerät lässt auch auf dieselbe Länge schließen.

Abb.7: Allelcocktail /Allel-Leiter

Um die Länge der DNA-Fragmente überhaupt sichtbar zumachen wird als erstes das Gerät demontiert, um das Gel zu entnehmen. Dafür werden die Glasplatten vorsichtig voneinander getrennt. Das an der losgelösten Glasplatte haftende Gel wird mit 7%iger Essigsäure übergossen, so dass die DNA-Stücke im Gel fixiert werden. Auf das feuchte Gel wird nun Filterpapier gelegt und beim Wiederabnehmen des Papiers wird das Gel von der Glasplatte abgelöst und anschließend getrocknet. Dann werden das Filterpapier und das Gel in eine Röntgenkassette eingelegt und in die Dunkelkammer gebracht. Ein Röntgenfilm wird eingelegt.

Schwarze Banden – „radioaktive Sequenzen unterschiedlicher Länge“[10] – werden sichtbar.

3. Verwendung der Informationen

3.1 Aussagesicherheit von DNA-Typisierungen

Es stellen sich natürlich folgende Fragen: Wie aussagekräftig sind DNA-Typisierungen eigentlich? Können zwei Menschen den gleichen genetischen Fingerabdruck haben? Inwieweit hilft ein genetischer Fingerabdruck als Beweismittel?

Im Folgenden möchte ich u.a. auf diese Fragen näher eingehen: Um die Aussagekräftigkeit eines genetischen Fingerabdrucks festzustellen, muss man zunächst wissen, wie viele Menschen einen identischen genetischen Fingerabdruck haben. In 2.2.1 habe ich schon erläutert, dass nur bei eineiigen Zwillingen ein gleicher genetischer Fingerabdruck auftritt.

3.2 Wahrscheinlichkeitsberechnung

Vorab muss gesagt werden, dass STRs zwar unterschiedliche Längen haben können, davon aber nur eine begrenzte, vorgegebene Anzahl. Die Kerneinheiten, aus der jeder STR aufgebaut ist, wiederholen sich nicht beliebig oft. Der Grund dafür ist unbekannt.

Gehen wir von folgendem Beispiel aus:

2 Personen – nennen wir sie Ruth und Daniel- werden DNA-typisiert. Ruth trägt beispielsweise zwei verschiedene FGA –Allele mit den Wiederholungsraten 23,24 in sich (sie ist heterozygot[11]): „Die Namen der in ihrer Länge variablen STRs (...) stammen meist von Abkürzungen, die STRs benachbarte Gene beschreiben“ (Benecke,2001, S. 3). VWA/VWF kommt zum Beispiel vom ‚von-Willebrand-Faktor‘.

Daniel hingegen hat zwei gleiche Allele (er ist homozygot[12]) mit der Wiederholungsrate 18,18. In wissenschaftlicher Schreibweise: Ruth – FGA – 23,24; Daniel – FGA – 18,18. Das heißt, das Allel 23 enthält 23, das Allel 18 enthält 18 der typischen Wiederholungen von je vier Basenpaaren.

In diesem Fall könnte man die Tatortspuren von Ruth und Daniel genau voneinander unterscheiden, doch den Gerichten geht es (vgl. 3.1) noch um etwas anderes. Diese möchten wissen, wie viele Menschen ebenfalls den gleichen FGA- Typ haben wie Ruth oder wie Daniel.

Um dieses herauszufinden werden ca. 100 Menschen DNA-typisiert, d.h. „ihre Allele an den betreffenden STRs werden auf einem Gel dargestellt und die gefundenen Wiederholungsnummern aufgeschrieben“[13].

Bei 15% der Untersuchten kommt beispielsweise das Allel 23 vor, bei 13% der Untersuchten das Allel 24. Das heißt, jede 7. Person, von den Untersuchten trägt das Allel 23 in sich und jede 8. Person das Allel 24. Die Allelkombination 23,24 hat allerdings nur eine Häufigkeit von 4,0%. Außer Ruth haben also ¼, also 25 von den untersuchten Personen, die Allelkombination 23,24.

Gerechnet wird dieses wie folgt:

13% x 15% x 2 = 4,0% oder 0,13 x 0,15 x 2 = 0,039 = 4 %

Das Wichtigste an der Wahrscheinlichkeitsberechnung ist, dass die Häufigkeiten der einzelnen Allele multiplizierbar sind. Die Faktoren 0,13 und 0,15 werden noch einmal x2 genommen, weil die Wahrscheinlichkeit zwei unterschiedliche Allele zu haben (heterozygot zu sein) größer ist, als zwei gleiche (homozygot) in sich zu tragen.

Wenn die Allele der Mutter beispielsweise A B sind und die vom Vater A B, dann ist es wahrscheinlicher, dass deren Kind zwei unterschiedliche Allele bekommt (also AB/BA) und nicht zwei gleiche (wie in dem Falle AA oder BB).

Bei Daniel ergibt sich: Das Allel 18 hat eine Häufigkeit von 2%, daher ist die Häufigkeit seiner Kombination 18,18: 2% x 2% = 0,04%, das heißt etwa jede 2500ste Person hat dieselbe Allelkombination.

Wenn man nicht nur einen Locus untersucht, sondern zwei, drei oder sieben, so „steigen die Werte für die Verwechslungswahrscheinlichkeit sprunghaft an“[14].

Ein Beispiel dafür:

DNA- Bereich (Locus)

DNA-Typisierungs-ergebnis

Häufigkeiten (Frequenzen) bei Mitteleuropäern

Multiplikations-ergebnis

FIBRA

21, 21

17% x 17%

= 3,0%

SE33

15, 22

4% x 9% x 2

= 0,08%

THO1

9, 10

20% x 2% x 2

= 0,8%

FGA

23, 24

15% x 13% x 2

= 4,0%

VWA/VWF

16, 16

18% x 18%

= 3,2 %

Abb.1: Kombination der Häufigkeiten der STR-Loci FIBRA, SE33, THO1, FGA und VWA/VWF

Es wurden bei diesem Beispiel weitere 4 Loci von Ruth untersucht. Wenn man die einzelnen Multiplikationsergebnisse miteinander multipliziert, erfährt man wie viele Personen die gleichen Allelekombinationen haben. (3,0% x 0,08% x 0,8% x 4,0% x 3,2% = 0,02457%). Nur einer aus 25 Milliarden Menschen hat die Kombination: FIBRA 21,21 ; SE33 15,22 ; THO1 9,10 ; FGA 23,24 ; VWA/VWF 16,16.Man kann natürlich auch noch weitere Loci dieser Person untersuchen (beispielsweise F13B).

Das hieraus entstandene Ergebnis multipliziert man dann zu den Wahrscheinlich-keiten aus den anderen fünf untersuchten STRs hinzu - mit dem Ergebnis, dass diese Kombination „auf weniger als eine Person unter allen Menschen, die in den letzten Jahrtausenden auf der Erde gelebt haben“[15] zu finden ist.

Allerdings muss der Wahrscheinlichkeitswert nicht immer so hoch sein um bei den Ermittlungen hilfreich zu sein, denn erstens ist das Feld der Verdächtigen meistens auf nur wenige Personen eingegrenzt und zweitens hilft manchmal auch nur ein geringer Wahrscheinlichkeitswert aus um den Täter zu verunsichern und zum Geständnis zu bringen.

4. Anwendung an einem Fallbeispiel (Diebstahl aus PKW)

Köln, den 28.März 1999

Es verdichten sich die Hinweise, dass in der Kölner Innenstadt eine PKW-Aufbrecherbande unterwegs ist, die aus Fahrzeugen dort zurückgelassene Papiere und Haustürschlüssel stiehlt, um so kurze Zeit später in die jeweiligen Wohnungen der Autobesitzer einzubrechen.

Da sich viele Fälle dieser Art in der letzten Zeit gehäuft haben und ein sehr hoher Schaden durch die Wohnungseinbrüche entstanden ist, wird eine Ermittlungskommision eingesetzt, die eventuelle Bezüge zwischen den einzelnen Taten herstellen und so die Täter ermitteln soll.

Schnell findet die Ermittlungskommision heraus, dass sich die Bande offensichtlich auf Modelle der Fahrzeugmarke VW und Audi spezialisiert hat und dass sie bei den Aufbrüchen der eben genannten Fahrzeuge immer die gleiche Arbeitsweise praktizieren. Außerdem fällt auf, dass immer nur ganz gezielt nach Haustürschlüsseln und nach Papieren gesucht wurde, auf denen die Anschrift des Autobesitzers stand

(Fahrzeugschein, ADAC- Versicherungsunterlagen etc.). Andere im Fahrzeug befindliche Wertgegenstände werden nicht beachtet.

Allerdings können die ermittelnden Kripo-Beamten längere Zeit nichts gegen die Bande unternehmen, da diese bei den Aufbrüchen keine Spuren hinterlassen. Etwa zwei Monate später findet wiederum ein solcher PKW-Aufbruch – diesmal an einem VW Golf – statt. Allerdings verletzten sich der/die Täter und hinterließen Blutspuren am/im Fahrzeug, die sofort von „Experten des Kölner Erkennungsdienstes fachmännisch gesichert wurden“[16].

Somit war eine erste Spur vorhanden, der nachgegangen werden konnte:

Damit das gesicherte Blut DNAmäßig untersucht werden darf, muss der ermittelnde Kripo-Beamte einen Bericht an die Staatsanwaltsschaft in Köln schreiben, damit diese einen entsprechenden Untersuchungsantrag beim Amtsgericht in Köln stellen können. Von dort kommt dann der notwendige Untersuchungsbeschluss. Dieser Vorgang dauert zwar seine Zeit, ist aber vom Gesetz her so vorgesehen.

Die Blutspur und der dazugehörige Untersuchungsbeschluss werden als erstes zum Landeskriminalamt (LKA) nach Düsseldorf geschickt. Dort wird im Labor aus der eingesandten Blutspur eine DNA-Analyse durchgeführt. Das heißt, die Blutspur wird durch die PCR vermehrt, so dass genug DNA für eine Analyse zur Verfügung steht. Danach werden die DNA-Fragmente mit Hilfe der Elektrophorese der Länge nach aufgetrennt.

Das dabei entstandene Ergebnis:

SE33 17/18

D21S11 29/30

VWA 16/18

THO1 8/9

FIBRA 20/25

D3S1358 15/16

D8S1179 9/12

D18S51 15/18

Diese ‚Buchstaben-/Zahlenkombination‘ wird dann an eine andere Stelle im LKA gegeben und von dort an den Zentralrechner (DAD – DNA-Analyse-Datei) des Bundeskriminalamt (BKA) gemeldet.

Dort eingegangen vergleicht der Computer – „ähnlich wie beim Fingerabdruckrechner“[17]– die oben abgebildete Formel mit dem Datenbestand, der schon im Computer gespeichert ist. Nun gibt es drei Möglichkeiten: Entweder die sichergestellte Spur stimmt mit Spuren, die an anderen Tatorten gesichert werden konnten überein, oder sie ist mit der DNA-Formel eines bereits bekannten Straftäters identisch oder – die dritte Möglichkeit – die neu eingegebene Zahlenkombination kann weder einem Tatort noch einem Täter zugeordnet werden. In unserem Fall trifft leider die dritte Möglichkeit zu, also kann die DNA-Formel nur gespeichert werden und es muss gehofft werden, dass in der Zukunft vielleicht entsprechende ‚Treffer‘ gemeldet werden.

In den folgenden Monaten werden weitere PKW-Aufbrüche gemeldet, die von der Vorgehensweise genau auf die bisher unbekannte Aufbrecherbande zutrafen. Es gibt jedoch auch weiter keine neuen Hinweise auf die Täter. Gegen Ende des Jahres gab es jedoch eine nicht zu erklärende Pause von drei Monaten. Danach ging die Aufbruchsserie weiter.

Nach weiteren vier Monaten meldet sich der ‚Computer‘ des (BKA) und gibt einen Hinweis auf eine weibliche Person, die in Bayern nach einem Einbruch mittels „Nachschlüssel“ in ein Einfamilienhaus im Allgäu festgenommen werden konnte. Es wurden dort von ihr Fotos gemacht und Fingerabdrücke genommen. Außerdem wurde bei ihr eine Speichelprobe genommen. Diese wurde wiederum eingeschickt, DNA-typisiert und die dabei rausgekommene DNA-Formel wurde, wie schon oben beschrieben, in den Zentralrechner des BKA eingegeben, weil man aufgrund ihrer kriminellen Vergangenheit davon ausgeht, dass man es mit einer sogenannten überörtlich tätigen Einbrecherin zu tun haben könnte.

Die bayerischen Kripo-Beamten behielten recht, denn kurz nach der Eingabe der Formel, bekam sowohl die bayrische Polizei als auch die Kölner Kripo eine ‚Treffermeldung‘. Die Formel der Einbrecherin aus Bayern stimmt mit der Blutspur vom Aufbruch des Fahrzeugs (VW Golf) überein.

Der Rest ist Routine. Telefonate, Dienstreisen, Aktenabgleich und am Ende können die ermittelnden Kripo-Beamten sowohl die Aufbruchsserien im Großraum Köln als auch eine vergleichbare Einbruchsserie in Bayern aufklären. Es stellt sich heraus, dass es sich um eine dreiköpfige deutsch/italienische Tätergruppe gehandelt hat, die lange Zeit ‚erfolgreich‘ war, nun aber ihrer ‚gerechten‘ Strafe zugeführt werden können.

5. Zusammenfassung

Aufgrund des hohen Stellenwertes des Genetischen Fingerabdrucks in der Kriminalistik, wird dieser auch in der Zukunft sehr wahrscheinlich weiter an Bedeutung gewinnen.

Beispiele für Verbrechensaufklärung/eventuelle Verbrechensvermeidung durch die DNA-Typisierung sind beispielsweise:

§ Schnellere Aufklärung, da die von Tätern zurückgelassene DNA-Spuren (Haare, Speichel, Blut etc.) zukünftig zur Täteridentifikation führen werden.

§ Straftatenverhinderung/vorbeugung durch frühzeitiges „Einstellen“ von Täter-DNA in die DAD. Durch Identifikationen schon nach der ersten Tat, werden weitere mögliche Verbrechen verhindert.

§ Durch die nahezu 100%ige Beweiskraft können vermeintliche Verdächtige definitiv ausgeschlossen werden.

Die Sorge von vielen Menschen, durch Aufnahme des Genetischen Fingerabdrucks in die DAD eingespeichert und somit zum ‚gläsernen Menschen‘ zu werden, ist meiner Meinung nach nicht begründet. Denn erstens werden bei der DNA-Typisierung nur nicht-codierende DNA-Bereiche untersucht, und zweitens ist das Ergebnis einer DNA-Untersuchung lediglich eine Buchstaben-/Zahlenkombination, welche in der DAD gespeichert ist. Diese sagt nichts über diejenige Person aus.

Manipulation bzw. Missbrauch ist demnach auszuschließen.

Quellenverzeichnis:

1. Abbildungen

Abb.1: Aufbau der DNA, aus [13]

Abb.2: Wasserstoffbrücken, aus [14]

Abb.3: DNA-Doppelhelix, aus [15]

Abb.4: Strichcode, aus [16]

Abb.5: Thermocycler, aus [17]

Abb.6: Polymerasekettenreaktion, aus [18]

Abb.7: Elektrophorese, Startlöcher, aus [19]

Abb.8: Allelcocktail / Allel-Leiter, aus [12]

Abb.9: Kombination der Häufigkeiten der STR-Loci FIBRA, SE33, THO1, FGA und

VWA/VWF, verändert aus [1]

2. Literatur

[1] Benecke, M.: Kriminalbiologie, Originalausgabe, Bergisch Gladbach, 1999, 

ISBN 3-404-93025-8

[2] Benecke, M.: Enzyklopädie Naturwissenschaft und Technik, (Loseblattausgabe), 2. Auflage, Landsberg/Lech, 2001, ISBN 3-609-75806-6, Fachbereich Biologie, Stichwort: "Genetischer Fingerabdruck"

[3] J.B. Metzler, Linder Biologie, 19. Auflage, 1983, Stuttgart, ISBN 3-476-20261-5

[4] Brehme, S. und Meincke I.: Wissensspeicher Biologie, Abiturwissen, 2. Auflage,

Berlin, 1998, ISBN 3-589-21067-2

[5] Hafner L., Hoff P.: Genetik, Materialien für den Sekundarbereich II Biologie,

Hannover, 1995

3. Sonstige Quellen

[6] www.bdk-nrw.de

[7] www.benecke.com

[8] www.biokurs.de

[9] www2.informatik.uni-jena.de/~wettig/sem_biometrie_ss_2002/dna-

analyse/sld014.htm

[10] www.aum.iawf.unibe.ch/vlz/BWL/Gen_Kurs/Gen_Kurs/Videos/QT3-

mov/3Start.htm

[11] www.rechtsmedizin.uni-mainz.de/Remedneu/molgen/dnameth.htm#1

[12] www.schule-bw.de/unterricht/faecher/biologie/unterrichtsmaterialien/ dna/

index_html

[13] www.bibel.com/informatik/ dns2.gif

[14] http://folk.uio.no/klaush/dna-hydr.gif

[15] http://dbs.uni-leipzig.de/en/seminararbeiten/semWS0102/arbeit6/ micro

array_html-Dateien/image020.gif

[16] http://www.anime-hitz.de/assets/images/illu_strichcode.gif

[17] http://www.stjohnassociates.com/images/stjohn.jpg

[18] http://www.benecke.com/juliab.html

[19] http://www.proteo.de/grafik/science/b_science_07.jpg

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